Basiskompetenzen stärken – Silbentraining

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Einen Einfluss auf Bildungsungleichheit zwischen verschiedenen Jahrgängen haben die Auswirkungen der Coronapandemie ab 2020, was mit den Ergebnissen des IQB-Bildungstrends verdeutlicht wird. Der 2022 veröffentlichte IQB-Bildungstrend schlägt Alarm, dass sich die Kompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik in der 4. Klasse stark verschlechtert haben. Je nach Kompetenzbereich verfehlen 18–30 % der Schülerinnen und Schüler im Schnitt die Mindeststandards.

Mit dem Startchancen-Programm sollen Basiskompetenzen gestärkt werden. Der folgende Ausschnitt soll Tipps für die Lese-Rechtschreibförderung geben.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Beitrag „Von der Silbe zur Rechtschreibung – Differenzierte Silbenarbeit für Klein und Groß“ welcher am 12.12.2023 bei RAABE erschienen ist.

Von der Silbe zur Rechtschreibung

Die Silbenarbeit stellt in der Lese- und Rechtschreibentwicklung einen wichtigen elementaren Baustein im schulischen Rahmen dar. Sie wird besonders im Anfangsunterricht genutzt, ist aber auch beim Erlernen und Anwenden von Rechtschreibregeln im weiteren schulischen Verlauf als Hilfsmittel von Bedeutung.

Silbentraining als adäquates Hilfsmittel

Eine silbenorientierte Arbeitsweise bietet nicht nur im Anfangsunterricht, sondern auch im Rechtschreibunterricht allen Lernenden die Möglichkeit, gemäß des individuellen Leistungsniveaus Wörter richtig zu lesen und zu schreiben. Die unterschiedlichen Voraussetzungen, die Kinder in einer Klassenstufe aufweisen, können durch den Einsatz einer konsequenten Silbenarbeit gut ausgeglichen werden.

Die Bezeichnungen „Konsonant“, „Vokal“ und auch „Silbenbögen“ werden in den unterschiedlichen Lehrwerken der kindlichen Sprache angepasst. In unserer Einrichtung haben wir die Bezeichnungen aus dem Kieler Leseaufbau übernommen:

Konsonant = Matrose

Vokal = Kapitän

Silbenbogen = Silbenboot

Hier erschließt es sich für viele Kinder besser, dass in jedem Silbenboot (Silbenbogen) ein Kapitän (Vokal) mitfährt. Ist in einem Boot kein Kapitän, weiß das Kind, dass entweder ein Buchstabe fehlt oder die Silbenboote nochmals überprüft werden müssen.

 

Das Schreiben von Wörtern fällt leichter und kann besser umgesetzt werden, wenn

•        das Wort deutlich in Silben gesprochen wird

•        die entsprechende Anzahl von Silbenbooten ins Heft gemalt wird

•        jeder einzelne Laut durch die Mitsprechtechnik hörbar gemacht wird

•        jede Silbe in das entsprechende Silbenboot geschrieben wird

•        zwischen jeder Silbe eine Silbenpause organisiert wird.

Für ältere Lernende wird diese Vorgehensweise angepasst, indem

•        das Wort deutlich und leise in Silben gesprochen wird

•        zwei farbige Stifte bereitliegen

•        Silbe für Silbe abwechselnd mit beiden Stiften geschrieben oder

•        zwischen jeder Silbe ein Bindestrich gesetzt wird.

Durch das Absetzen des Stiftes beim Schreiben in die einzelnen Silbenboote, den Wechsel der farbigen Stifte oder das Setzen eines Bindestrichs zwischen den Silben wird automatisch eine Silbenpause organisiert. Diese Silbenpausen sind eine wichtige Unterstützung, um die Buchstaben einer Silbe deutlich von der nächsten Silbe abzugrenzen und das Wort zu strukturieren.

Die Mitsprechtechnik bewirkt, dass jeder Laut hörbar wird und die Lernenden beim Aufschreiben keine Buchstaben auslassen.

Weiterhin ist es hilfreich, den Kindern den Zusammenhang zwischen Silben, Silbenbogen und Vokalen zu erläutern. In jeder Silbe befindet sich ein Vokal. Diese Erkenntnis ist erforderlich, um eine Wortstruktur zu erkennen und dadurch Fehler zu vermeiden. Oft sind die Begrifflichkeiten für Kinder – auch über den Grundschulbereich hinaus – zu theoretisch, um diese sicher anwenden zu können. Hier sollten die Begriffe so verändert werden, dass sie dem Wortschatz des Kindes angepasst werden und so eingängige Verknüpfungen geschaffen werden können. In den verschiedenen Lehrwerken heißen die Vokale z. B. Kapitäne oder Könige und die Silbenbogen werden als Silbenboote oder Königreiche bezeichnet. So können Schülerinnen und Schüler besser verinnerlichen, dass z. B. in jedem Silbenboot ein Kapitän oder in jedem Königreich ein König dazugehört. Darüber hinaus verliert die Silbenstrategie auch im orthographischen Bereich nicht an Bedeutung. Viele Rechtschreibregeln setzen voraus, dass bestimmte Rechtschreibphänomene in einem Wort vom Kind erkannt und isoliert werden, um dann die Regel an der richtigen Stelle im Wort anzuwenden.

Lernfortschritt dokumentieren

In dem streng durchgetakteten Schulalltag ist es wichtig, die Lernausgangslage der Kinder festzustellen, bei denen sich die Lernsituation schwierig gestaltet. Bei der Vielzahl der Schülerinnen und Schüler, die von einer Lehrkraft betreut werden, muss diese Dokumentation schnell und übersichtlich durchgeführt werden können. Deshalb hat es sich bewährt, für diese Kinder einen Dokumentationsbogen anzulegen, um die Lernfortschritte kleinschrittig zu notieren. So kann gewährleistet werden, dass alle Beteiligten (z. B. Eltern, Therapeutinnen und Therapeuten, Pädagoginnen und

Pädagogen) über die Entwicklung des Kindes informiert werden. In einem Dokumentationsbogen werden wichtige Informationen über das Kind vermerkt. Hat ein Kind z. B. eine nur geringe Ausprägung der auditiven Aufmerksamkeitsspanne, kann jede beteiligte Lehrkraft von Anfang an reagieren und z. B. gestellte Arbeitsaufträge zunächst nur kurz zusammenfassen.

Zunächst wird die Lernausgangslage beschrieben, damit sich jeder informieren kann, an welcher Stelle der Übungs- bzw. Lernschwerpunkt gesetzt werden kann. Oft sind die Zeitfenster zum persönlichen Austausch zwischen allen Beteiligten nicht ausreichend oder es ist gar nicht bekannt, in welchen Extrastunden die Kinder – besonders im Nachmittagsbereich – arbeiten und ob sich Auffälligkeiten wiederholen oder in bestimmten Situationen gar nicht auftreten. Im zweiten Schritt sollten hier regelmäßig Lernfortschritte in allen Bereichen (Konzentration, Motivation, Wahrnehmung usw.) dokumentiert werden.

Mit Hilfe der Notizen und Beschreibungen kann

·       schneller der richtige Ansprechpartner oder die -partnerin ermittelt werden und evtl. ein persönlicher Austausch organisiert werden

·       die Lernausgangslage bestimmt und die Unterrichtsinhalte besser vorbereitet werden

·       ein Lernerfolg besser für den weiteren Unterrichtsverlauf positiv genutzt werden.

Möglichkeiten zur Fortbildung und Prozessbegleitung an Ihrer Schule finden Sie bei der RAABE Akademie: https://www.raabe-akademie.de/

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